Kapitel 1
Vielleicht war es mein verdammter Trotz oder es war die fixe Idee, mir Pepe endlich angeln zu können, oder aber die Zeit war einfach reif - sicherlich war irgendetwas der Grund für diese wahnsinnige Entwicklung im letzten Frühjahr, die mir dann aber einen entscheidenden Schritt weitergeholfen hat.
Meiner Meinung nach (und die ist natürlich völlig unmaßgeblich, denn ich bin ja nur einer dieser Verwöhnten, spätpubertierenden Einzelkids von knapp 14) begann das ganze dämliche Theater an einem Freitagnachmittag im April, es war tatsächlich Freitag, der 13.
Wir, meine beste Freundin Frieda und ich und außerdem fast unsere ganze Klasse, gingen seit einigen Wochen in die einzige Tanzschule, die unsere Kleinstadt zu bieten hat. Freitagnachmittag wurde also abgehottet.
Für Frieda und mich stand fest, dass Tanzschule ein simples Muss war, und außerdem wollten wir unser Liebesleben, das träge, aber voller Hoffnungen vor sich hindämmerte, etwas in Gang bringen. Im Klartext: Wir suchten in dem Laden einen Boyfriend zum Knutschen und so. Denn mal ehrlich, wer verknallt sich schon in einen Typen aus der eigenen Klasse? Ich hatte das, weiß Gott, nicht vor. Es sollte schon etwas mehr Außerirdisches sein, ein echt schräger Vogel. Ein Hingucker sozusagen.
Und was soll ich sagen, schon der erste Tanznachmittag hatte sich als absoluter Haupttreffer entpuppt, denn in dem Laden verkehrte auch Pepe. Zwar war er nicht in meinem Kurs, aber er schien jeden Freitag da zu sein.
Pepe war der totale Hit. Er war einfach süß, hatte den wohl durchtrainiertesten Body nach Arnold Schwarzenegger und die schönsten Augen, soweit ich das bei meinen Betrachtungen aus der Ferne ausmachen konnte.
In meinem alltäglichen Leben war Pepe für mich leider nur auf dem benachbarten Schulhof der Hauptschule zu besichtigen - zweimal täglich während der großen Pausen und dann bitte möglichst unauffällig, denn einige versnobte Ziegen aus meiner Klasse fanden es absolut blöde, einem Typen der Nachbaranstalt nachzugaffen.
Außerdem hatte unser Tölpel von Direktor zwischen dem heiligen Boden unseres Gymnasiums und dem Pausenhof der Hauptschule nebenan einen Zaun ziehen lassen und so jeglichen Zwischenmenschlichen Kontakt verhindert.
Tatsache war, ich hatte schon Wochen, bevor Frieda und ich zum Tanzkurs marschierten, ständig auf eine Gelegenheit gelauert, mal so ganz zufällig, so ganz unauffällig, in der Schule an Pepe heranzukommen.
Deshalb war ich wie ein geölter Blitz in allen Pausen, auch wenn es donnerte, stürmte und goss, auf den Schulhof gewetzt. Aber Pepe hielt sich fast immer in sicherer Entfernung vom Zaun auf. Und mittags nach der Schule schien die Typ sich in Luft aufzulösen. Ich war ungefähr zehntausendmal ohne Erfolg direkt nach dem Klingeln auf die Straße gesprintet und hatte meine schmachtenden Blicke auf den Hauptschuleingang geworfen. Aber so sehr ich mich auch sputete, ich kriegte Pepe nie zu Gesicht.
Supergefrustet hatte ich dann mit dem kühnen Gedanken gespielt, einfach in allen Fächern schlagartig schlechter zu werden, so schlecht, dass sie mich gleich in die Hauptschule stopfen würden. Das hatte Frieda mir aber ausgeredet.
Also machte mein Magen einen dreifachen Salto und mein Herz tickte mindestens so laut wie Omas uralte Standuhr, als ich Pepe dann zum ersten Mal in der Tanzschule sah.
Hier wartete die Chance meines Lebens auf mich! Aber bald sah ich sie wieder dahinschmelzen wie Schnee im Hochsommer: Wenigstens 99% aller anwesenden Tanzschulgirls himmelten Pepe an. Widerlich!
Insbesondere war da Beate und Beate war echt die Härte. Sie baggerte Pepe so hemmungslos an, dass der Junge keine Gelegenheit hatte, mich und meinen umherfliegenden Charme zu bemerken.